Offener Brief Verkehrssituation Sauerlacher Straße
Seit Monaten erleben die Bürgerinnen und Bürger von Wolfratshausen gefährliche Verkehrssituationen in der Sauerlacher Straße auf Höhe des neuen EDEKAs. Gemeinsam mit dem Bund Naturschutz und dem ADFC haben wir von WOR For Future im November 2023 einen Brief an das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen und andere Behörden geschrieben, die die Gefahrensituation ausführlich beschreibt. In diesem Brief appellieren wir an die Verantwortlichen, dass hier möglichst schnell die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt wird. Auch im Isar-Loisachboten wurde über unseren Brief berichtet.
Stellvertretend für die Behörden hat das Staatliche Bauamt Weilheim uns geantwortet. In der Reaktion werden die Probleme eingeräumt, aber auch argumentiert, dass es bei öffentlichen Stellen (Stadt, Landratsamt, Polizei) bislang kaum Unfälle und Beschwerden gegeben habe zur Situation an der Sauerlacher Straße. Wir haben in einem weiteren Schreiben einen einen zeitnahen Vor-Ort-Termin vorgeschlagen. Offensichtlich ist aber die Rückmeldung der Bürgerinnen und Bürger wichtig um zu handeln. Daher möchten wir die Leser dieser Seite bitten, ebenfalls Ihre Sicht oder auch erlebte (Beinahe-)Unfälle zu berichten. Entweder direkt an die Behörden (poststelle@stbawm.bayern.de, abteilung3@lra-toelz.de, info@wolfratshausen.de) mit uns gerne in Kopie (info@worforfuture.de). Oder unten in den Kommentaren.
Aus Gründen der Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger haben wir den vollen Schriftwechsel hier veröffentlicht .
- Unser Schreiben in voller Länge [17. November 2023]
- Fotos der Gefahrenstellen
- Antwort Staatliches Bauamt Weilheim [30. November 2023]
- Unsere Antwort an das Staatliche Bauamt Weilheim [19. Dezember 2023]
Auch über die Situation der Sauerlacher Straße hinaus: Jede Woche werden bei uns in Wolfratshausen im Schnitt 1-2 Unfälle erfasst. Jeder dritte Unfall ist im Schnitt mit Fahrradbeteiligung. Uns ist hierbei insbesondere die Sicherheit unserer Kinder wichtig, die jeden Tag viel mit dem Rad unterwegs sind – zur Schule, Kindergarten oder Vereinen. Wir werden mit Aktionen daher in nächster Zeit – neben der Bürgerenergie – auch einen besonderen Fokus auch auf die Mobilität vor Ort setzen.
Unser 1. Schreiben in voller Länge am 17. November 2023
An:
Staatliche Bauamt Weilheim, Fachbereich Straßenbau
Herr Stefan Scheckinger und Frau Nadine Heiß 📧
Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen
Herr Landrat Josef Niedermaier 📧,
Frau Prams, Frau Dr. Haußmann (Abteilung 3 📧 – für Öff. Sicherheit, Verkehrsangelegenheiten, u.a)
Kopie: Stadt Wolfratshausen 📧
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Sorge zur Verkehrssituation in Wolfratshausen wenden wir uns an Sie, da Ihre Behörde für die Planung dieser Staatsstraße (St 2070) verantwortlich ist. Gemeinsam möchten wir – die Initiativen WOR For Future, der Bund Naturschutz und der ADFC aus Wolfratshausen – an Sie appellieren, dass hier möglichst schnell die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt wird.
Aktueller Stand
Die Aufweitung der Sauerlacher Straße in Wolfratshausen im Bereich des neuen EDEKA-Marktes hat leider zu einer Lösung geführt, die vor allem für Kinder, Senioren, Fußgänger und Radfahrende nicht nur unzureichend, sondern auch gefährlich ist. Insbesondere werden folgende Mängel festgestellt:
Homburger Kanten: Über lange Stecken sind zur Abgrenzung verschiedener Flächen sogenannte Homburger Kanten eingebaut. Beim spitzwinkligen Überfahren mit dem Fahrrad führen sie unweigerlich zum Sturz, was bisher schon zu mehreren (!) Unfällen geführt hat. An den Einmündungen der Nebenstraßen wurden diese Kanten inzwischen abgeschrägt.
Radspur: Trotz der Überbreite der Sauerlacher Straße gibt es stadtauswärts zwischen Bahnübergang und Moosbauerweg keine Radspur (siehe Foto 1). Der davor und danach vorhandene Radstreifen bzw. Schutzstreifen wurde in diesem Bereich völlig unverständlich unterbrochen.
Die Radfahrenden müssen sich hinter dem Bahngleis im spitzen Winkel in den fließenden Verkehr auf der vielbefahrenen Sauerlacher Straße hineindrängen und haben schlechte Sicht auf den Verkehr in ihrem Rücken; zusätzlich gibt es dort noch eine Bordsteinkante als Gefahrenstelle. Diese Planung birgt erhebliche Gefahren und Konfliktpotenzial und ist in keiner Weise nachvollziehbar!
Eine ähnliche Situation gibt es auf der gegenüberliegenden Seite stadteinwärts. Auch hier müssen sich die Radfahrenden, die u.a. von der Radabstellanlage EDEKA stadteinwärts fahren möchten, im spitzen Winkel in den fließenden KFZ-Verkehr einreihen (siehe Foto 2).
Einfahrt in die Radabstellanlage:
Die Radfahrer stadtauswärts (Linksabbieger, siehe Foto 3) kommen hier in Konflikt mit den KFZ- Spuren stadtauswärts. Vor diesen wäre hier eine Radaufstellfläche dringend notwendig.
EDEKA- Tiefgaragen- Einfahrt:
Momentan besteht Kollisionsgefahr zwischen aus der Tiefgarage ausfahrenden KFZ und stadteinwärts fahrenden Radfahrern (natürlich sind auch Fußgänger betroffen). Mit der Inbetriebnahme der Ampelanlage sollte das Problem beseitigt sein. Für die Radspur sollte an dieser Stelle eine Haltelinie aufgebracht werden.
Überquerung Sauerlacher Str:
In Höhe des Moosbauerweges fehlt eine Überquerungsmöglichkeit für Fußgänger (Fußgängerampel). Es muss damit gerechnet werden – und so wird es schon praktiziert – dass Fußgänger hier durch den fließenden Verkehr die Straße überqueren. Dieser Mangel wiegt besonders schwer, da sowohl vom nahegelegenen Seniorenwohnpark Isar-Loisach als auch der Seniorenwohnanlage Stadtgarten, beide im Moosbauerweg, Bewohner – auch Gehbehinderte – den EDEKA- Einkaufsmarkt gehäuft nutzen werden und nicht den Umweg über die Fußgängerampel am Bahnübergang nehmen werden. Unfälle sind hier vorprogrammiert, und solche werden zurecht den Planern zur Last gelegt werden.
Unser Fazit
Es muss leider festgestellt werden, dass im genannten Bereich die Belange der Kinder, Senioren, Fußgänger und Radfahrenden ungenügend berücksichtigt und einige vermeidbare Gefahrenstellen geschaffen wurden. Das ist besonders ärgerlich und blamabel, da Wolfratshausen das Prädikat „Fahrradfreundliche Kommune“ trägt. Erst kürzlich hat der Bundestag festgestellt, dass “…Ansprüche an ein sicheres und gleichberechtigtes Miteinander im Straßenverkehr dringend geboten sind”, was sich auch im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 und in einer Änderung in der Straßenverkehrsordnung niederschlägt. Alle Welt arbeitet an der Verkehrswende und es wird dem Fahrradverkehr zunehmend Platz neben dem KFZ- Verkehr gegeben. Im vorliegenden Fall ist davon nichts festzustellen.
Wir erwarten eine Überprüfung und Neuplanung auf Grund der aufgeführten Problemstellungen mit folgender Maßgabe:
- Für Fußgänger eine Ergänzung der Ampelanlage für eine gefahrlose Überquerung der Sauerlacher Straße in Höhe des EDEKA- Marktes / Moosbauerweges.
- Eine Beseitigung der Konfliktsituationen für Radfahrer, u.a. in der Fortführung des vorhandenen Schutzstreifens.
Für letzteres können wir uns als kurzfristige und vorübergehende Minimallösung vorstellen, dass die Fahrbahnmarkierungen dementsprechend verändert werden. Aus Gründen der Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger werden wir diesen Brief in einer Woche auch in der Presse veröffentlichen und würden uns über eine Antwort von Ihnen zu unserem Schreiben sehr freuen. Frau Michaela Schwarzenbeck ist dazu Ihr Ansprechpartner – gemeinsam für WOR For Future, Bund Naturschutz und ADFC.
Mit freundlichen Grüßen
Für WOR For Future: | Für den Bund Naturschutz | Für den ADFC |
Michaela Schwarzenbeck | Dr. Sigrid Bender | Hans Auer |
Dr. Jan Reiners | Werner Grimmeiß |
Fotos der Gefahrenstellen
Antwort Staatliches Bauamt Weilheim
Sehr geehrte Frau Schwarzenbeck, sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie auf verschiedene verkehrliche Probleme auf der Sauerlacher Straße im Bereich vor dem Kraftareal hinweisen. Da Sie verschiedene Behörden bzw. Personen angeschrieben haben, welche entsprechend Ihrer unterschiedlichen Zuständigkeiten in die Abstimmung der verkehrlichen Umgestaltung durch den Bau des Kraftareals eingebunden waren, haben sich die Adressaten kurzfristig zur Gesamtsituation dort ausgetauscht und wir, das Staatliches Bauamt Weilheim, möchten Ihnen stellvertretend antworten.
Grundsätzlich stehen alle Beteiligten konstruktiven und umsetzbaren Verbesserungsvorschläge offen gegenüber. So wurden aufgrund Ihrer Einwendungen ja bereits eine Schwachstelle identifiziert und Bordsteinkanten abgefräst.
Die Unfallkommission bestehend aus dem Landratsamt Bad Tölz / Wolfratshausen, der Polizei und dem Staatlichen Bauamt beobachtet die Situation vor Ort, insbesondere seit Inbetriebnahme der Ampel am 16.11.2023 sehr genau. Auch in diesem Kreis werden und wurden bereits Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert. Die Unkallkommission weist aber auch darauf hin, dass es für eine „Schlussbetrachtung“ noch zu früh ist. Erfahrungsgemäß bedürfen solche Änderungen auch eines gewissen Umstellungszeitraumes bei den VerkehrsteilnehmerInnen.
Zur Unfallsituation lasst sich folgendes festhalten:
Seit Abschluss der Baumaßnahmen Mitte des Jahres kam es erfreulicherweise in diesem Bereich zu keinen erhöhten Unfallzahlen. Auch die Einmündungen Auf der Haid sowie Gebhardtstraße sind aktuell vom Unfallgeschehen unauffällig. Bei allen Bedenken, die Sie mitteilen, muss man jedoch auch feststellen, dass der Bereich der Einmündung Moosbauerweg in der Vergangenheit als sogernannte Unfallhäufungsstelle festgestellt werden musste. Das sollte durch die Errichtung der Lichtsignalanlage künftig nicht mehr der Fall sein.
Die Planung beruhte auf der Annahme, dass deutlich mehr Fahrzeuge die Linksabbiegespur in die Tiefgarage nutzen werden. Dies ist augenscheinlich bis jetzt nicht der Fall, sodass wir die Ampelschaltung daraufhin überprüfen lassen, ob bzw. welches Verbesserungspotential dadurch entsteht. Hierbei werden auch mögliche Änderungen für Fußgänger und Radfahrer geprüft. Da festgestellt wurde, dass die Fußgängerampel vor der Tiefgaragenzufahrt oftmals übersehen wird, wird hier kurzfristig eine Markierung aufgebracht und auch das Steuerprogramm hinsichtlich der Grünphasen für die Fußgänger geprüft. Grundsätzlich war neben der verkehrssicheren Erschließung des Kraftareals auch die konfliktfreie Ausfahrt aus dem Moosbauerweg Ziel der Planung, da diese Einmündung eine Unfallhäufungsstelle im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 darstellte.
Ob eine zusätzliche Querung für Fußgänger hier umsetzbar ist, werden wir ebenfalls prüfen. Es gibt allerdings schon 5 Fußgängerquerungen über die Sauerlacher Straße (Grund- und Mittelschule, Am Floßkanal, zwei am Bahnübergang, Auenstraße) innerhalb 770 Metern in diesem Bereich.
Die gemeinsame Führung von Fußgänger und Radfahrer in diesem Bereich ist aufgrund der erhöhten Fußgänger- und Radfahrerzahlen, durch den und insbesondere vor dem Edeka-Markt auch aus unserer Sicht problematisch. Wir wollen hier die Fußgänger und die Radfahrer nach Möglichkeit getrennt führen bzw. die Radfahrer an definierten und für alle Verkehrsteilnehmer gut erkennbaren Stellen auf die Fahrbahn leiten. Hinsichtlich Ihres Wunsches nach Radschutzstreifen möchten wir darauf hinweisen, dass hierfür ausreichende Fahrbahnbreiten zur Verfügung stehen müssen.
Wir prüfen derzeit unter Berücksichtigung Ihrer Hinweise und unserer Beobachtungen die Gesamtsituation und werden mögliche Verbesserungen schnellstmöglich umsetzen.
Grundsätzlich ist die verkehrliche Situation in diesem Bereich jedoch sehr komplex und die Herausforderung besteht darin die vielen Belange und Verkehrsbeziehungen „unter einen Hut“ zu bringen. Das ist jedoch aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht immer in jeder Hinsicht optimal lösbar.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen im Namen des Landratsamt Bad Töz-Wolfratshausen, der Stadt Wolfratshausen und der Polizei
Silke Schweigler
Dipl.-Ing. (univ.), Abteilungsleiterin Abteilung Straßenbau NORD, Staatliches Bauamt Weilheim
Unsere Antwort am19. Dezember 2023
Ihr Schreiben vom 28.11.2023
Betreffend: Verkehrssituation Sauerlacher Str. /EDEKA Wolfratshausen
Sehr geehrte Frau Schweigler,
wir bedanken uns für Ihre ausführliche Antwort auf unser Schreiben vom November 2023 zu
dem oben genannten Thema. Erfreut entnehmen wir Ihrem Schreiben, dass bei Ihnen auch schon
Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert werden und dass Sie der Mitwirkung dabei offen
gegenüberstehen. Wir gehen deshalb davon aus, dass wir in die Erarbeitung von
Nachbesserungen mit eingebunden werden. Auch Fachvertreter der Stadtverwaltung, mit
denen wir in laufendem Kontakt sind, sollten dabei mitwirken. Damit alle Beteiligten auf dem
gleichen Informationsstand sind, schlagen wir einen zeitnahen Vor-Ort-Termin vor und bitten
um Terminvorschläge. Sollte es sich als sinnvoll erweisen, könnten wir auch noch
Fachpersonen vom ADFC- Landesverband hinzuziehen. Daneben werden wir die
Problemstelle weiter beobachten.
In der am 11. Dezember stattgefundenen Bürgerversammlung in Wolfratshausen, wurde in
mehreren Gesprächen und auch Wortmeldungen die Problemstelle von Bürgern z.T. sehr
hart kritisiert und Verbesserungen gefordert. Die Versammlung hat daraus folgend die
Aufnahme und Diskussion des Punktes in einer Sitzung des Stadtrates beschlossen.
Es ist uns bewusst, dass eine für alle Verkehrsteilnehmer einigermaßen zufriedenstellende
Lösung der Probleme immer sehr schwierig ist. Aber wir sind überzeugt, dass bei
engagierter Mitarbeit aller Beteiligter eine optimale Lösung gefunden werden kann. Und zwar
genau dann, wenn der Radverkehr bei der Planung vorrangig berücksichtigt wird. So wird
Wolfratshausen irgendwann wirklich dem Prädikat „Fahrradfreundliche Kommune“ gerecht.
Der vorgeschlagene Vor-Orts-Termin wäre unserer Meinung nach dazu eine große Hilfe.
In diesem Sinne sehen wir einem Terminvorschlag zur Voranbringung des Themas gerne
entgegen. Sehr hilfreich für uns wäre auch, wenn wir einen Lageplan der aktuellen Fahrbahngestaltung
erhalten könnten.
Mit freundlichen Grüßen …
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